Was ist eigentlich Orangenblütentee? Zeigt Orangenblütentee tatsächlich eine Wirkung als Einschlafmittel? Das sind Fragen, die an Heilpflanzenkursen oder in der Phytotherapie-Ausbildung immer wieder auftauchen. Orangenblütentee wird als Schlaftee und Abendtee oft und gern verwendet, aber Informationen dazu in Phytotherapie-Fachbüchern ist rar. Und selbst wen man den Suchbegriff  “Orangenblütentee” bei Wikipedia eingibt, bekommt man kein Ergebnis.

Orangenblüten (aurantii flos) sind die getrockneten, zum grössten Teil geschlossenen, ganzen Blüten der Bitterorange (Citrus aurantium L. subsp. aurantium).
Der Bitterorangenbaum ( = Pomeranzenbaum) ist, ähnlich wie der Zitronenbaum, ein bis zu 5 m hoher Baum mit immergrünen Blättern. Die mittelgroßen, weißen bis cremefarbenen Blüten duften stark mit süß-schwerem Geruch. Sie wachsen in ein- oder wenigblütigen, blattachselständigen Trauben. Die rundliche Frucht besitzt einen Durchmesser von 7-8 cm, ist an beiden Enden abgeflacht und hat eine dicke, rauhe, orangefarbene Schale. Das Fruchtfleisch ist von säuerlich-bitterem Geschmack.

Unruhezuständen und Einschlafstörungen

Orangenblütentee wird wegen seiner beruhigenden Wirkung bei Unruhezuständen und Einschlafstörungen angewendet. Er hat sich auch in Pflegeheimen und Spitälern als Abendtee etabliert.
Allerdings existieren in der Phytotherapie-Fachliteratur keinerlei Belege für die empfohlenen Anwendungsbereiche des Orangenblütentees. Studien und genauere Untersuchungen fehlen.

Orangenblüten enthalten 0,2-0,5 % ätherisches Öle mit hauptsächlich Monoterpenen (Linalylacetat, alpha-Pinen, Limonen, Linalool, Nerol, Geraniol), ausserdem Anthranilsäuremethylester und Bitterstoffe.
Die Zusammensetzung des ätherischen Öles zeigt Ähnlichkeit mit dem Lavendelöl (Linalylacetat, Limonen, alpha-Pinen, Linalool, Geraniol). Da für Lavendelöl eine beruhigende Wirkung bei Unruhe und Einschlafstörungen gut belegt ist, scheint eine solche Wirkung für den Orangenblütentee plausibel. Es würde sich dann beim Trinken von Orangenblütentee quasi um eine Aromatherapie via Duftebene handeln. Deshalb wäre wohl die Empfehlung sinnvoll, den Orangenblütentee langsam schluckweise zu trinken, damit das ätherische Öle gut auf die Geruchsrezeptoren einwirken kann.

Von der Bitterorange wird im übrigen auch die Schale verwendet (Bittere Orangenschale, Bitterorangenschale): Die vom weisslich-schwammigen Gewebe des Mesokarps (Albedoschicht) teilweise befreite äussere Schale der Frucht.

Bitterorangenschale enthält neben ätherischem Öl mit der Hauptkomponente Limonen bitter schmeckende Flavonoide (Neohesperidin, Naringin).
Die Bitterstoffe regen reflektorisch die Speichel- und Magensaftsekretion an und wirken daher appetitanregend und verdauungsfördernd. Bittere Orangenschale wird manchmal bei Appetitlosigkeit in der Kinderheilkunde eingesetzt.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde
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