Impfstoffe gegen Influenza-A oder Influenza-B-Infektionen wirken nur gering auf die Reduktion von Grippesymptomen und den Verlust von Arbeitstagen oder Krankenhausaufenthalte.

Zu diesem Resultat kommt ein aktueller Cochrane Review zumindest für die gesunde erwachsene Bevölkerung, schwangere Frauen eingeschlossen. Die „Deutsche Apothekerzeitung“ hat die Ergebnisse informativ zusammengefasst.

Die Cochrane-Forschergruppe wertete für den Review 90 Literaturberichte aus, darunter 69 klinische Studien, 27 davon Vergleichs-Kohortenstudien und 20 Fall-Kontroll-Studien mit total mehreren Millionen Menschen. 23 Berichte erfassten Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffes bei schwangeren Frauen (ca. 1,6 Millionen Mutter-Kind-Paare).

So sehen die Ergebnisse im Detail aus:

– Bei Applikation von parenteralem inaktiviertem Grippe-Impfstoff an gesunde Erwachsene würden 71 Personen (number needed to vaccinate NNV) eine Impfung brauchen, um einen Fall von Grippe zu vermeiden (95%, Konfidenzintervall: 64-80).

– Mindestens 40 Personen würden eine Impfung benötigen, um einen ILI- Fall (Influenza-typische Erkrankung, Influenza-like Illness) zu verhindern (95%, Konfidenzintervall: 26 bis 128).

– Der Schutz schwangerer Frauen vor Grippe oder ILI mit inaktiviertem Grippe-Impfstoff ist nach der Datenerhebung ebenfalls unsicher oder zumindest sehr limitiert. Es existieren dazu nur Beobachtungsstudien von mäßiger methodischer Qualität.

– Um die Wirksamkeit der Aerosol-Lebend-Impfstoffe steht es nicht viel besser: 46 Personen (95% CI 29-115) würden eine Immunisierung brauchen, um einen Grippe-Fall zu vermeiden.

Die Datenlage zur Grippeschutzimpfung in der gesunden Normalbevölkerung sieht im Lichte dieses Cochrane Reviews nicht sehr überzeugend aus.

Aufgrund methodischer Mängel äussern die Urheber des Reviews allerdings vielfach Zweifel an der Aussagekraft der Daten. Nicht einmal 10 Prozent der Studien hatten eine gute Qualität, so stellen sie fest.

Über 200 Viren sind bekannt als Auslöser von Influenza und ILI, die beide vergleichbare Symptome zeigen wie Fieber, Schmerzen, Husten und Schnupfen.

Ohne Laboruntersuchung lässt es sich im Einzelfall nicht klären, ob es sich um eine Influenza-Infektion oder um grippeähnliche Erkältungskrankheiten handelt.

Grippe-Impfstoffe wirken aber nur gegen Influenza A und B, die nicht mehr als rund 10 Prozent der zirkulierenden Viren ausmachen. Und die Grippe-Impfung wirkt nur, wenn sie auf Virusstämmen basiert, die in der jeweiligen Saison auch tatsächlich zirkulieren.

Welche Virusstämme in die saisonalen Grippeschutz-Impfungen einbezogen werden sollen, das bestimmt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) jedes Jahr neu.

Quelle:

http://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/pharmazie/news/2014/03/21/grippe-impfstoffe-nur-maessig-wirksam/12391.html

Demicheli V, Jefferson T, Al-Ansary LA, Ferroni E, Rivetti A, Di Pietrantonj C. Vaccines for preventing influenza in healthy adults. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014, Issue 3. Art. No.: CD001269. DOI: 10.1002/14651858.CD001269.pub5.

Kommentar & Ergänzung:

Ziemlich ernüchternd, dieses Fazit. Wobei aber festzuhalten ist, dass die Wirkung bei gesunden Personen unter die Lupe genommen wurde. Vielleicht sieht der Nutzen bei geschwächten Menschen anders aus.

Sehr bedenklich ist allerdings, dass die Cochrane-Forscher nicht einmal 10 % der Studien eine gute Qualität bescheinigen können.

Ausserdem gibt es weiter hochwertige Studien, die zur Wirksamkeit der Grippe-Impfung Fragezeichen aufwerfen.

Zu finden beispielsweise auf der Website „Gesundes Reisen“ – ein Service des Reisemedizinischen Zentrums (MD Medicus Reise und Tropenmedizin GmbH, Tropeninstitut Hamburg). Zum Thema Grippe gibt es hier zwei interessante Zitat:

http://www.gesundes-reisen.eu/print_artikel_details.php?contentType=3&themaID=1280

Was steht da genau in diesen zwei Zitaten?

Zitat 1:

“Mit Influenza Impfungen ist ein moderater Effekt verbunden, Influenza-Symptome zu vermindern und Arbeitszeit einzusparen. Es besteht keine Evidenz, dass sie sich auf Komplikationen auswirken, wie Lungenentzündung, oder auf die Übertragung des Virus.”

Als Quellenangabe für dieses Zitat wird angegeben: Cochrane 2010 (wo ich das Zitat aber nicht gefunden habe).

Ausserdem Zitat 2:

“Influenza vaccines can provide moderate protection against virologically confirmed influenza, but such protection is greatly reduced or absent in some seasons. Evidence for protection in adults aged 65 years or older is lacking.”

Dieses Zitat stammt aus Lancet Infectious Diseases (Osterholm 2012)

The Lancet ist als medizinisches Fachjournal sehr renommiert – genauso wie die Cochrane Collaboration.

Insgesamt ist festzuhalten, dass solch hochkarätige Kritik sich nicht leicht vom Tisch wischen lässt.

Wenn ich hier diese kritischen Zitate zur Wirksamkeit der Grippe-Impfungen anführe, dann möchte ich zugleich mit Nachdruck festhalten, dass ich mich nicht zu den fundamentalistischen Impfgegnern zähle.

Pauschale Verteufelung von Impfungen und die damit verknüpften Verschwörungstheorien halte ich für grundfalsch, höchst fragwürdig und destruktiv. Sie basieren auf einer höchst einseitigen, selektiven Interpretation.

Impfungen sind meines Erachtens eine Erfolgsgeschichte. Sie sind nun quasi ein Opfer ihres eigenen Erfolges. Viele gefährliche Krankheiten wie Kinderlähmung, Diphtherie, Pocken oder Starrkrampf sind dank Impfungen aus unserem Leben verschwunden. So ist es leicht, pauschal gegen Impfungen zu wettern, wenn der Schrecken dieser Krankheiten nicht mehr präsent ist. Ich meinerseits bin jedenfalls dankbar, dass ich nie in meinem Leben mit solchen Krankheiten zu tun haben musste.

Wer nicht in die pauschale Impf-Verteufelung einstimmt, muss deshalb nicht jeder Impfung unkritisch gegenüber stehen. Es gibt einen differenzierteren Mittelweg. Eine kritische Auseinandersetzung mit Impfungen ist nötig, aber sie muss konkrete Punkte mit Argumenten in Frage stellen, so wie es die Cochrane-Studien und der „Lancet“-Artikel tun.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe
Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse
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www.phytotherapie-seminare.ch

Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:

Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch

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