FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann ist in einen Shitstorm geraten, weil er zur Linderung der Symptome einer Corona-Infektion das Mittel Oscillococcinum des französischen Herstellers Boiron empfohlen hat.

Oscillococcinum ist ein Homöopathikum, das oft zur Vorbeugung und Behandlung von Grippe und grippalen Infekten empfohlen wird. Es wird aus Entenleber und Entenherz hergestellt.

Oscillococcinum wird nach den Grundsätzen der Homöopathie so stark verdünnt, dass keine Ente mehr darin enthalten ist.

Hans-Peter Portmann ist der Meinung, Naturheilmittel könnten im Körper positive Prozesse auslösen und mithelfen, mehr Abwehrkräfte zu entwickeln. Zum Beispiel gegen Grippeviren wie auch das Coronavirus eines sei. Auch der Verlauf einer Grippe könne mit Alternativmedizin gelindert werden – davon sei er überzeugt.

Der Immunologe Beda Stadler reagiert heftig auf die Empfehlung von Hans-Peter Portmann:

«Wer heute immer noch glaubt, dass Homöopathie mehr bewirkt als ein Placebo-Effekt, hat einen Dachschaden». Es gebe bei jeder gesundheitlichen Krise Homöopathen, welche versuchen, aus der Lage Profit zu schlagen.

Quelle:

https://www.blick.ch/news/politik/weil-er-homoeopathie-gegen-das-coronavirus-empfiehlt-sturm-der-entruestung-gegen-nationalrat-portmann-id15773951.html

Kommentar & Ergänzung zu Oscillococcinum:

Beda Stadler ist ein Polemiker. Ich würde das nicht so drastisch ausdrücken  (“Dachschaden”).

Die Ansichten von Hans-Peter Portmann zur Corona-Infektion und zu Oscillococcinum sind allerdings schon sehr fragwürdig.

Erstens ist Oscillococcinum kein Naturheilmittel, weil Homöopathie keine Naturheilkunde ist.

Zweitens ist die Corona-Infektion keine Grippe. Coronaviren sind keine Influenzaviren.

Drittens wirkt Oscillococcinum auch nicht gegen Grippe. Die unabhängige Cochrane Collaboration hat die Studien in einer Metaanalyse analysiert und kommt zum Ergebnis, dass die vorliegenden Studiendaten die Anwendung nicht unterstützen.

Viertens basiert Oscillococcinum auf einer Beobachtung des französischen Arztes Joseph Roy  während des Ersten Weltkriegs. Er war überzeugt, in Ausscheidungen von Opfern der Spanischen Grippe in seinem Mikroskop Bakterien beobachtet zu haben, die er für die Erreger der Grippe hielt.

Joseph Roy beschrieb kugelförmige Gebilde verschiedener Größe, die schnelle, schwingende Bewegungen machten und die er für Mikroben hielt. Daher nannte er seine Entdeckung Oszillokokken – schwingende Bakterien. Später glaubte er, sie auch noch im Blut und den Tumoren von Krebspatienten entdeckt zu haben. Da Roy diese „ Oszillokokken“ besonders oft in der Leber von Enten zu finden glaubte, wird Oscillococcinum konsequenterweise aus Entenleber und Entenherz produziert.

Es lässt sich im Nachhinein nicht klären, was genau Roy in seinem Mikroskop gesehen hatte. In der Zwischenzeit wurde aber klar, dass weder Krebs noch die Grippe noch eine der anderen Krankheiten, für die Roy seine Oszillokokken als Verursacher vermutete, überhaupt durch Bakterien verursacht werden. Grippe wird durch Viren ausgelöst, die bedeutend kleiner als Bakterien sind. In einem optischen Mikroskop, wie es Roy zur Verfügung stand, sind Grippeviren nicht erkennbar. Erst um das Jahr 1930 herum gelang die Darstellung von Viren mittels der Elektronenmikroskopie.

Joseph Roys Beobachtungen konnten von keinem anderen Mikrobiologen bestätigt werden. Oscillococcinum basiert deshalb als Grippemittel auf sehr skurrilen Grundlagen.

Siehe dazu:

Was ist Oscillococcinum®?

Die Empfehlung von Oscillococcinum bei einer Infektion mit Coronaviren ist unsinnig. Der Frage nach Heilpflanzen bei einer Corona-Infektion bin ich hier nachgegangen:

Heilpflanzen gegen Coronaviren?

Dazu soll aber schon hier gessagt werden, dass es zu dieser Frage keine gesicherten Erkenntnisse gibt, sondern nur Überlegungen.