Rizinusöl wird bereits seit Jahrtausenden medizinisch verwendet und gehört zu den ältesten Arzneimitteln der Menschheit.

Die erste Erwähnung von Rizinusöl als Abführmittel findet sich bereits in 3500 Jahre alten ägyptischen Papyrusschriften. Auch in der griechischen und römischen Antike wurde Rizinusöl in der Heilkunde eingesetzt. Seit vielen Jahrhunderten findet es ausserdem als Wehenmittel Verwendung: Die in der Geburtshilfe immer noch zum Einsatz kommenden „Wehencocktails“ enthalten unter anderem Rhizinusöl. Trotz seines weitverbreiteten und Jahrtausende alten Gebrauchs in Medizin und Volksmedizin war bisher unklar, wie Rizinusöl seine abführenden und wehenfördernden Effekte ausübt.

Den genauen Wirkungsmechanismus haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung jetzt herausgefunden. Dass Rizinusöl aus den Samen des Wunderbaums Ricinus communis abführend wirkt und die Wehentätigkeit fördert ist schon lange bekannt. Als wirksamer Inhaltsstoff gilt sein vielen Jahren die Rizinolsäure.  Sie wirkt jedoch nicht wie bislang angenommen unspezifisch durch lokale Reizung der Darmschleimhaut, berichten nun die Wissenschaftler um Professor Dr. Stefan Offermanns und Dr. Sorin Tunaru.

Rizinolsäure greift vielmehr spezifisch am G-Protein-gekoppelten Rezeptor EP3 an, der auf den Muskelzellen des Darms und der Gebärmutter zu finden ist, erläutern die Forscher im Fachjournal «PNAS». Natürlicher Ligand an diesem Rezeptor ist Prostaglandin E2 – das heisst: Der Rezeptor EP3 wird normalerweise durch das Gewebshormon Prostaglandin E2 aktiviert.

Den Beweis dafür lieferten die Wissenschaftler durch Experimente mit Mäusen, in denen der Rezeptor EP3 zuvor durch einen genetischen Eingriff gezielt ausgeschaltet worden war. Anders als ihre genetisch nicht veränderten Artgenossen zeigten die Mäuse, denen der Rezeptor EP3 fehlte, nach der Verabreichung von Rizinusöl oder auch nur der Rizinolsäure keine verstärkte Darmentleerung. Bei trächtigen Mäusen ohne EP3-Rezeptor trat zudem keine vermehrte Wehentätigkeit auf.

Die Aufklärung des Wirkmechanismus von Rizinusöl könnte zu einer Neubewertung des klinischen Nutzens dieses Medikaments führen, hoffen die Wissenschaftler.

Und im übrigen steht für sie fest, dass viele der in der Medizin verwendeten Naturheilmittel letztendlich ihre Wirkung ebenso wie synthetisch hergestellte Pharmaka über spezifische, molekular definierte Mechanismen entfalten.

Quelle:

http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=nachrichten&Nachricht_ID=41977&Nachricht_Title=Nachrichten_Wirkmechanismus+von+Rizinus%F6l+entdeckt&type=0

http://www.journalmed.de/newsview.php?id=37563

Originalveröffentlichung:

Sorin Tunaru, Till F. Althoff, Rolf M. Nüsing, Martin Diener & Stefan Offermanns

Castor oil induces laxation and uterus contraction via ricinoleic acid activating prostaglandin E 3 receptors

PNAS, 22. Mai 2012, doi/10.1073/pnas.1201627109

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

Kommentar & Ergänzung:

Dass die Wirkung von Rizinusöl als Wehenmittel und Abführmittel irgendwie zusammenhängt mit dem Effekt von Prostaglandin E2  – diese Vermutung ist nicht neu. Dass Rizinolsäure direkt am entsprechenden Rezeptor ansetzt, lese ich aber zum ersten Mal.

Für die Anwendung von Rizinusöl als Abführmittel gibt es entsprechende Kapseln im Handel (Rical).

Die Anwendung von Rizinusöl als Wehenmittel in Form eines „Wehencocktails“ sollte nur in Absprache mit einer Hebamme erfolgen.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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