Hohe Dosen von Ritalin können laut einer Untersuchung im Gehirn von Mäusen Veränderungen erzeugen, welche jenen bei Kokainabhängigen ähneln. Die Wissenschaftler warnen davor, das Medikament als Aufputschmittel zu missbrauchen.

Die US- amerikanischen Forscher injizierten gesunden Mäusen für zwei Wochen täglich entweder den Ritalin-Inhaltsstoff Methylphenidat oder Kokain. Die durch Ritalin und Kokain ausgelösten Veränderungen im Belohnungszentrum des Gehirns waren teilweise sehr ähnlich.

Ritalin zur Leistungssteigerung

Ritalin wird üblicherweise Kindern mit Aufmerksamkeitsproblemen und Hyperaktivität verordnet. Laut den Forschern rund um Yong Kim von der Rockefeller Universität in New York sind diverse Studien zum Ergebnis gekommen, dass die ärztlich verschriebene Einnahme bei diesem sogenannten ADHS-Syndrom sicher ist.

Ein Bericht stellte vor kurzem jedoch fest, dass in den USA mehr als sieben Millionen Menschen Methylphenidat einnehmen, um sich aufzuputschen und die geistige Leistungsfähigkeit zu steigern. Die Untersuchung zeigt laut Nora Volkow, Direktorin des US-Instituts für Drogenmissbrauch, dass dies gefährlich ist.

Volkow warnte jedoch andererseits davor, Kinder und Jugendliche mit ADHS nicht mehr mit Ritalin oder vergleichbaren Präparaten zu behandeln. Studien hätten gezeigt, dass die Medikamente in vom Arzt verschriebenen Dosen nicht zu Abhängigkeit führten. Im Gegenteil: ADHS-Kinder nähmen später häufiger Drogen, Ritalin könne dieses Risiko reduzieren.

Quelle: www.science.ORF.at

Originalpublikation:
Die Studie “Methylphenidate-induced dendritic spine formation and _FosB expression in nucleus accumbens” von Yong Kim et al. ist erschienen in “Proceedings of the National Academy of Sciences” (3. Februar 2009, DOI:10.1073/pnas.0809579106).

Kommentar: Hochdosiertes Ritalin

Dass die Verwendung von Ritalin als Aufputschmittel jenseits ist, scheint mir sehr klar. Komplexer ist die Frage der Anwendung von Ritalin bei ADHS-Kindern. Hier gibt es einerseits einen verhältnismässig hohen Verbrauch, der aufhorchen lässt, und andererseits warnende Stimmen, die jeden Einsatz von Ritalin als Verbrechen an Kindern kriminalisieren. Auch aus der Naturheilkunde gibt es so etwas wie eine Anti-Ritalin-Front. Wenn ein Thema so polarisiert, ist dies meines Erachtens immer eine Aufforderung, sich nicht unbesehen in eine der Fronten einzureihen, sondern so differenziert wie möglich eine eigenständige Position einzunehmen.

Ich bin weder ein Ritalin-Spezialist noch ein ADHS-Experte. Es scheint mir aber wohl klar, dass es Situationen gibt, in denen Ritalin sehr hilfreich ist und sinnvoll eingesetzt werden kann. Zugleich bin ich jedoch sehr überzeugt davon, dass die Diagnose ADHS sehr genau und sorgfältig gestellt werden muss und dass es nicht akzeptabel wäre, jedes irgendwie auffällige Kind mit Ritalin zu behandeln. Es kann nicht um ein generelles Schwarz-Weiss-Denken gehen. Ritalin ist weder ein Wunderheilmittel noch ein teuflisches Gift. Es kann meines Erachtens nur darum gehen, in jedem Einzelfall zu klären, ob die Anwendung dieser Substanz hier zu verantworten ist oder nicht.
Diese differenzierte Haltung ist aber sehr viel anspruchsvoller als blinde Zustimmung oder blinde Ablehnung.

Aus dem Bereich Phytotherapie / Pflanzenheilkunde gibt es einige Ideen zur Behandlung von ADHS, aber keine gesicherten Strategien und Erkenntnisse

Diskutiert werden unter anderem Extrakte aus Ginkgo biloba. Eine offene Anwendungsbeobachtung in einer Kinderarztpraxis kam zu positiven Schlüssen, reicht aber bei weitem nicht, um eine Wirksamkeit von Ginkgo-Extrakten bei ADHS zu belegen. Ebenfalls im Gespräch sind Johanniskraut und Nachtkerzenöl, doch fehlen hier fundierte Argumente.
Die Phytotherapie bzw. Pflanzenheilkunde kennt für viele Beschwerden geeignete Heilpflanzen, bei ADHS kann sie noch keine überzeugende Behandlungsmöglichkeit anbieten. Es scheint mir wichtig, auch solche Grenzen aufzuzeigen.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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