Nicht immer lässt sich die Einnahme vieler Medikamente vermeiden, aber manchmal sind einige unnötig. Bei der Einnahme mehrerer Arzneimittel ist nicht mehr vorhersehbar, was im Körper an Wirkungen, Wechselwirkungen und unerwünschten Nebenwirkungen passiert.

In der Fachsprache nennt man die gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente Multimedikation oder Polypharmazie. Heikel dabei ist, dass mit steigender Anzahl der eingenommenen Medikamente auch mehr unerwünschte Wirkungen auftreten wie Übelkeit, Verstopfung, Kopfschmerzen, Benommenheit oder Blutungen.

Auch eine Behandlung im Spital und schlimmstenfalls der Tod können eine Folge von Multimedikation sein.

Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) hat im Auftrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Bundesärztekammer (BÄK) einen Patientenratgeber zur Multimedikation veröffentlicht. Hier geht’s zum Patientenratgeber.

http://www.patienten-information.de/mdb/downloads/kip/aezq-version-kip-multimedikation.pdf

Kommentar & Ergänzung:

Bei diesem Thema ist es meiner Ansicht nach sinnvoll, auch über „Multimedikation“ bei Naturheilmitteln und bei Präparaten der Komplementärmedizin oder Alternativmedizin nachzudenken.

Bei Phytopharmaka beispielsweise: Zwar zeichnen sich pflanzliche Arzneien oft durch „Gutmütigkeit“ aus, doch gibt es auch Heilpflanzen, bei denen mit Wechselwirkungen und unerwünschten Nebenwirkungen gerechnet werden muss. Das wohl bekannteste Beispiel dafür sind Johanniskraut-Präparate. Sie können den Abbau von gewissen Medikamenten in der Leber beschleunigen und dadurch deren Wirkung abschwächen.

Keine Wechselwirkungen und unerwünschten Nebenwirkungen gibt es bei Homöopathika, Bachblüten-Tropfen und Schüssler-Salzen, weil diese Präparate keine Wirkstoffe enthalten. Wo keine Wirkstoffe drin sind, gibt es auch keine Wechselwirkungen oder unerwünschten Nebenwirkungen.

Trotzdem sind aber auch bei Homöopathika, Bachblüten-Tropfen und Schüssler Salzen fragwürdige Formen der „Multimedikation“ zu beobachten, wenn für jede Lebens- und Gemütslage eine ganze Reihe von Produkten angeboten und konsumiert wird.

Das führt nicht selten zu einer Art von Gewöhnung, wenn bei jeder Gelegenheit solche „kleinen Helferlein“ eingeworfen werden.

Längerfristig wird dadurch das Vertrauen in die eigenen Regulationsfähigkeiten unterminiert. Dass unser Körper oder unsere Psyche in der Lage sind, kleinere Befindlichkeitsstörungen und leichtere Beschwerden selber auszugleichen, gerät so mehr und mehr in Vergessenheit.

Im Bereich der Phytotherapie bin ich für eng gesteckte Grenzen: Es gibt nicht für jede Befindlichkeitsstörung eine wirksame und zugleich sinnvolle Heilpflanze.

Liebeskummer, Einsamkeit, Trauer beim Verlust eines Haustieres, Nervosität beim Schulanfang usw. – das Internet ist voll von Angeboten aus Komplementärmedizin und Alternativmedizin zur Behandlung solcher Lebenslagen.

Diese ausufernden Therapieversprechungen sind nicht nur von der Wirksamkeit her fragwürdig, sondern auch von der zugrundeliegenden Haltung. Der Mensch wird dadurch letztendlich aufgefasst als behandlungsbedürftig von der Wiege bis zur Bahre – und das ist alles andere als eine gesunde Vorstellung.

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

Phytotherapie-Ausbildung für Krankenpflege und andere Gesundheitsberufe

Heilpflanzen-Seminar für an Naturheilkunde Interessierte ohne medizinische Vorkenntnisse

Kräuterwanderungen in den Bergen / Kräuterkurse

www.phytotherapie-seminare.ch

Weiterbildung für Spitex, Pflegeheim, Psychiatrische Klinik, Palliative Care, Spital:

Interessengemeinschaft Phytotherapie und Pflege: www.ig-pp.ch

Schmerzen? Chronische Erkrankungen? www.patientenseminare.ch