Benzodiazepine sind Wirkstoffe mit angstlösenden, krampflösenden, beruhigenden und schlaffördernden Eigenschaften. Sie werden unter anderem gegen Angst-, Erregungs- und Spannungszustände, Schlafstörungen und Epilepsie angewendet und zählen zu den am häufigsten verschriebenen Psychopharmaka.

Hier eine Liste mit Wirkstoffen / Präparaten aus der Gruppe der Benzodiazepine (Quelle: Pharmawiki):

Alprazolam (Xanax®), Bromazepam (Lexotanil®), Chlordiazepoxid (Librium®), Clobazam (Urbanyl®), Clonazepam (Rivotril®), Clorazepat (Tranxillium®), Cloxazolam (ausser Handel), Diazepam (Valium®, Stesolid®), Flunitrazepam (Rohypnol®), Flurazepam (Dalmadorm®), Ketazolam (Solatran®), Lorazepam (Temesta®), Lormetazepam (Loramet®, Noctamid®), Medazepam (Rudotel®, D), Midazolam (Dormicum®), Nitrazepam (Mogadon®), Oxazepam (Seresta®, Anxiolit®), Prazepam (Demetrin®), Temazepam (Normison®), Tetrazepam (in der Schweiz nicht im Handel), Triazolam (Halcion®).

Solche Schlaf- und Beruhigungsmittel machen recht schnell süchtig. Als Folge einer Benzodiazepin-Abhängigkeit können Stürze, Gedächtnisverlust und emotionaler Rückzug auftreten. Menschen, die über längere Zeit Benzodiazepine einnehmen beschreiben oft, dass sie sich wie in Watte eingepackt fühlen.

Der Benzodiazepin-Missbrauch ist nicht tödlich, aber schädlich, weil er unerwünschte Wirkungen hat. Ein Drittel bis die Hälfte aller Oberschenkelhalsbrüche passiere aufgrund einer Niedrigdosisabhängigkeit, sagt Andreas Kiefer, Präsident der Bundesapothekerkammer in Deutschland.

Diese Medikamente seien grundsätzlich hochwirksam und bei psychiatrischen Erkrankungen sehr hilfreich, doch hätten sie aufgrund ihres Wirkmechanismus ein hohes Abhängigkeitspotenzial und sollten deshalb nicht länger als vier Wochen angewendet werden.

Benzodiazepine wirken zentral im Gehirn als Angstlöser und Beruhigungsmittel. In Deutschland sind gemäss Schätzungen 1,2 Millionen Menschen von Benzodiazepinen abhängig, wovon viele von ihnen älter als 70 Jahre sind. Betroffene besorgen sich häufig ihre Rezepte über mehrere Ärzte – damit der Missbrauch nicht auffällt. Meist benötigen die Abhängigen nur eine geringe Dosis: Eine halbe Tablette am Tag reicht aus, weil die Mittel so wirksam sind.

Wer allerdings ein solches Mittel dauerhaft nimmt, ist auch tagsüber schläfrig, unkonzentriert und hat eine geringe Muskelspannung, was Stürze und damit Knochenbrüche gerade bei älteren Menschen fördert.

Als weitere Merkmale einer Abhängigkeit können Gedächtnisverlust, sozialer und emotionaler Rückzug und Abgestumpftheit auftreten. Wer Benzodiazepine über längere Zeit einnimmt nimmt, fürchtet oft, dass Angst und Unruhe zurückkehren, wenn er die Medikamente absetzt. Doch Andreas Kiefer sagt, dass die Ängste beim Entzug völlig überschätzt werden, der Vorteil der Abstinenz dagegen unterschätzt.

Benzodiazepine sollten allerdings niemals auf eigene Faust abgesetzt werden, denn das führt häufig zu einer Wirkumkehr und kann Zittern, Angst und Depressionen auslösen. Betroffene sollten daher mit dem behandelnden Arzt, der behandelnden Ärztin einen sogenannten Abdosierungsplan erstellen. Man könne es in drei Monaten schaffen, davon loszukommen, sagt Kiefer.

Quelle:

http://www.welt.de/gesundheit/article128195362/Wenn-das-Schlafmittel-zur-Gefahr-wird.html

Kommentar & Ergänzung:

Auch beim Thema „Benzodiazepine“ halte ich es für wichtig, nicht in Schwarz-Weiss-Denken zu verfallen. „Niemals Chemie!“ ist eine recht einseitige, undifferenzierte Haltung – und zudem einfach falsch (auch Pflanzen bestehen aus „Chemie“).

Es gibt meines Erachtens zweifellos Krankheiten und Zustände, bei denen Benzodiazepine sinnvoll und wirksam als Medikament eingesetzt werden können. Wer alles mit Heilpflanzen behandeln zu können glaubt, macht sich und anderen etwas vor.

Es steht aber auch ohne Zweifel fest, dass Benzodiazepine zum grossen Teil fahrlässig und unsinnig verschrieben und eingenommen werden.

Die Warnungen vor diesem Missbrauch stehen schon seit Jahren im Raum, scheinen aber nicht viel zu nützen. Da stellt sich unter anderem die Frage, ob die Qualitätssicherung in der Medizin an diesem Punkt versagt (die fehlende Qualitätssicherung in der Komplementärmedizin habe ich schon oft kritisiert).

Angesichts der Risiken, die mit einer Langzeiteinnahme von Benzodiazepinen verbunden sind, ist die Frage nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten bei Schlafstörungen wichtig. Und da sind Heilpflanzen-Anwendungen vor allem aus Baldrian, Hopfen, Passionsblume, Melisse und Lavendel eine gute Option.

Heilpflanzen-Anwendungen lösen Schlafprobleme nicht in jedem Fall. Wenn sie diese aber lösen, dann ohne die Risiken der Benzodiazepine.

Und nicht zu unterschätzen: Neben Wirkstoffen, welche die Schlafbereitschaft fördern können, lassen sich viele Heilpflanzen-Anwendungen in ein Abendritual einbauen, das auch seine günstige Wirkung hat (z. B. Kräutertee trinken, Einreibungen mit ätherischen Ölen, Lavendelsäckli verteilen im Pflegeheim, Duftanwendungen, Abendbad mit Lavendelöl).

Martin Koradi, Dozent für Phytotherapie / Pflanzenheilkunde

Winterthur / Kanton Zürich / Schweiz

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